Zensur im 19. Jahrhundert
Das literarische Leben aus Sicht seiner Überwacher
Produktform: Buch
Nie in der jüngeren deutschen Geschichte traten Zensur und Überwachung des literarischen Lebens so massiv auf wie im Preußen des 19. Jahrhunderts. Zahlreiche Behörden und Verwaltungsstufen waren in die Unterdrückungs- und Steuerungsprozesse verstrickt, jeder Verbotsfall gab Anlass zu zahlreichen Hin- und Rückbriefen, zu An- und Hinweisungen an höhere oder niedere Dienststellen. Im zentralistisch regierten Flächenland Preußen gingen die Ordres aus Berlin weite Wege, zunächst zu den Oberpräsidenten der Provinzen, von da an die Regierungspräsidenten, Landräte oder Bürgermeister der einzelnen Orte. Das Ergebnis war eine Behördenkorrespondenz, die sich in Hunderten von Aktenmetern misst.
In der Literatur- und Kulturwissenschaft sind diese Bestände noch nicht oder nur sehr geringfügig aufgearbeitet worden, obwohl sie die Zensurforschung auf ein ganz neues Fundament stellen würden - weg von den Einzelfällen (wichtigen Autoren und deren persönlicher Zensurgeschichte) hin zur Erfassung der institutionellen Mechanismen. Wenig bekannt ist etwa, dass die Gängelung von Literatur und Presse nach Wegfall der Zensur noch erheblich forciert wurde und bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts fortdauerte. Selbst der Begriff der Zensur ist keineswegs abschließend definiert; was genau das eigentlich ist, welche Prozesse am Werke waren, ist bislang kaum in ausreichender Detailliertheit erforscht worden. Der vorliegende Band unternimmt den Versuch, den Zensurbegriff klarer zu konturieren und das damit verbundene Verwaltungssystem auf Basis der archivalischen Quellen zu rekonstruieren.weiterlesen