Zuflucht, Kurhaus, Strafanstalt. Die Trinkerheilstätte Stift Isenwald und ihre Patienten 1901–1942
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
egenstand der Studie sind die deutschen Trinkerheilstätten, ihr Personal und ihre Patienten, explizit vertreten durch zufällig aufgefundene Krankenakten der Trinkerheilstätte Stift Isenwald. Trinkerheilstätten gab es in Deutschland ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Überwiegend handelte es sich um Privateinrichtungen, die unter kirchlicher Trägerschaft standen. Sie boten Entzugs- und Entwöhnungskuren an und wollten alkoholkranken Männern und Frauen zu einer möglichst lebenslang andauernden Abstinenz verhelfen. Weil der Untersuchungszeitraum unterschiedliche Herrschaftsstrukturen mit sich verändernden gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen, Friedens- und Kriegszeiten aufweist, waren das Aufspüren und Analysieren von Wandel und Beständigkeit in der stationären Alkoholkrankenhilfe ein Leitmotiv. Außerdem standen die Interaktionen zwischen den beteiligten Akteuren im Mittelpunkt. In den mehr als 1.000 überlieferten Krankenakten der Trinkerheilstätte Stift Isenwald, die für männliche Alkoholiker konzipiert und Teil der Kästorfer Anstalten war, sind Briefe, Fotos, Lebensläufe und amtliche Schriftstücke enthalten. Die Unterlagen ermöglichen einen seltenen Einblick in das Leben von Männern, die freiwillig oder unfreiwillig Tage, Wochen, Monate, manchmal sogar Jahre ihres Lebens in einer Trinkerheilstätte verbracht haben. Voraussetzung für eine Heilung war nach Ansicht der Leiter die Erkenntnis des Patienten, dass seine Sucht ein selbstverschuldetes Übel sei. Deswegen sollte eine Veränderung der Persönlichkeit nach den Maßgaben eines christlich geprägten, bürgerlichen Wertesystems erfolgen. Durch Fleiß, Disziplin, Gottesfurcht und Sittsamkeit sollten die Patienten nicht nur trockene, sondern bessere und arbeitsame Menschen werden. Wer rebellierte, als uneinsichtig oder „unheilbar“ galt, musste mit der Überweisung in ein Arbeitshaus oder Konzentrationslager rechnen. Weil der Staat nicht bereit war, öffentliche Heilstätten einzurichten, gab es für schwerstabhängige Alkoholiker kaum adäquate Therapieplätze. Im Kern hat sich daran bis heute wenig geändert.weiterlesen
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