Zwischen Wohlfahrt und Staatsökonomie
Armenfürsorge auf der bernischen Landschaft im 18. Jahrhundert
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
'Nicht ein verschwenderisches und achtloses Dahingeben, sondern eine nachdenkende und sorgsame Economie ist die Nährmutter einer rühmlichen Beneficentz und Freygebigkeit.'
Als sich die Almosenkammer Mitte des 18. Jahrhundert mit diesen mahnenden Worten an die Landvögte der bernischen Landschaft wandte, lagen bereits 80 Jahre intensiver Bemühungen zur Organisation und lückenloser Durchsetzung einer geregelten Armenfürsorge auf dem gesamten Territorium Berns hinter ihr. 1672 war sie als eine der ersten Verwaltungskammern des bernischen Staates nach kameralistischem Vorbild ins Leben gerufen worden. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, anhand einer raffinierten Anreizpolitik die Gemeinden zur Einführung einer regelmässigen, schriftlich verwalteten und mit Einnahmen aus Armensteuern abgesicherten Armenfürsorge zu bewegen. Dies wollte die Almosenkammer erreichen, indem sie staatliche Unterstützungsleistungen nur an diejenigen bedürftigen Haushalte bewilligte, deren Heimatgemeinde der von ihr gesetzlich verlangten Unterstützungspflicht nachkam.
Die Arbeit von Erika Flückiger zeigt auf, wie sich im 18. Jahrhundert entgegen der Bemühungen der Obrigkeit eine geregelte Armenhilfe auf Gemeindeebene durchzusetzen die Zahl der bedürftigen Haushalte, die mit staatlichen Leistungen unterstützt werden mussten, auf bernischem Territorium vervielfachte. Besonders nach der Versorgungskrise von 1770/71 kündete die starke Zunahme des Unterstützungsbedarfs auch das Auftauchen einer neuen Klientel, der 'Labouring Poor' an, womit eine Entwicklung einsetzte, die in den Pauperismus des 19. Jahrhunderts mündete. Angesichts der zunehmenden Belastung des Staatshaushalts mit Sozialausgaben sah sich die bernische Obrigkeit zusehends mit dem Dilemma zwischen Wohlfahrt und Staatsökonomie konfrontiert.weiterlesen
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