zyklus 10.0 – ZEITGENÖSSISCHE KUNST MITTELEUROPA/DONAURAUM
Der neue Katalog anlässlich 10 Jahre Gegenwartskunst
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Der Ausstellungszyklus Mitteleuropa „Ferne Nähe“ ist ein unprätentiöses, aber qualitativ ambitioniertes Vorhaben, das neugierig machen soll auf die künstlerischen Nachbarschaften in Mitteleuropa, ohne in eine Mystifizierung, Exotisierung oder gar in Ostkunstklischees zu verfallen. Es geht auch nicht um ein krampfhaftes Suchen von Verwandtschaften, Parallelitäten, Identitäten oder Differenzen; vielmehr gilt es einen offenen und vielseitigen Einblick in künstlerische Positionen quer durch alle Generationen und Kunstformen zu vermitteln.“ So lautet das Manifest des Ausstellungszyklus, als 2004 die Vorbereitungsarbeiten begannen und 2006 die erste Ausstellung im Dormitorium des Stiftes Lilienfeld mit der Unterstützung vieler Hände eröffnet werden konnte. Europa kennenlernen, nicht in den großen Zentren, sondern im Regionalen und damit Europa verbinden, ist die emphatische Haltung und das Credo bis heute geblieben. Dabei ging und geht es um fast alle Facetten der Gegenwartskunst, ob Malerei, Photographie, Objektkunst, Skulpturen, Plastik, Installationskunst, Zeichnung, Graphik oder Video; eine Reihe von Werken sind speziell für den Ausstellungszyklus geschaffen worden. Immer war es das Anliegen, möglichst aus den KünstlerInnen-Ateliers direkt die Werke auszuwählen, nicht wenige Arbeiten konnten im Stift Lilienfeld dadurch erstmals überhaupt der Öffentlichkeit präsentiert werden. Um die thematische, formale, ästhetische, theoretische, kurz: künstlerische Vielfalt sichtbar zu machen, wurden bis letztes Jahr keine Themen fokussiert. Erst mit dem Jubiläumsjahr 2015 wurde das Thema „Blick der Berge“ vorgegeben, in engem Zusammenhang mit der parallel im Mostviertel stattfindenden Landesausstellung „ÖTSCHER:REICH – Die Alpen und wir“; dies auch um die Verbundenheit des Mitteleuropa/Donauraum-Zyklus mit der Region nachdrücklich sichtbar zu machen.
Doch geht es nicht nur darum, KünstlerInnen und deren Werke im Stift Lilienfeld zu zeigen, sondern dies immer auch durch Begegnungen mit KünstlerInnen aus Niederösterreich zu verschränken und so den Aspekt der Nachbarschaften zu akzentuieren. Tschechien war die erste Nachbarschaft, der die Slowakei und Ungarn folgten.
2009, 20 Jahre nach dem Mauerfall, standen nicht die KünstlerInnenateliers im Mittelpunkt sondern öffentliche und private Sammlungen, etwa die Kunstsammlung der EVN, der Raiffeisenbank Budapest, die Privatsammlung der Familie Bujdoso oder das Museum Moderner Kunst, Stiftung Ludwig Wien, die wohl die umfangreichste Sammlung aus dem Donauraum beherbergt. 2010 wurden zwei europäische Länder gleichzeitig, nämlich Kroatien (damals noch nicht EU-Mitglied) und Slowenien gemeinsam präsentiert. 2011 wurde der nächste konzeptuelle Schritt gemacht: nicht mehr Staaten, sondern europäische Regionen rücken in den Fokus, zuerst Friaul – Julisch – Venetien – Veneto, 2012 war es Südtirol mit Fokus auf KünstlerInnen, die viele Jahre in Österreich leben und arbeiten.
2013 konnte der Ausstellungszyklus mit neuen institutionellen Perspektiven weiterentwickelt werden. Das „Institut für den Donauraum und Mitteleuropa“ unter der Präsidentschaft von Erhard Busek in Wien sowie die „ARGE Donauländer/Arbeitskreis Kultur und Wissenschaft“ in der Abteilung Kunst und Kultur des Landes Niederösterreich wurden Kooperationspartner, der Mitteleuropazyklus mit seinen Nachbarschaften wurde hin zu den Donauländer erweitert. Damit versteht sich der Ausstellungszyklus als künstlerischer Part innerhalb der Donauraumstrategie, die auch wesentlich von Land Niederösterreich und dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres im europäischen Kontext mitformuliert wurde. Nicht zuletzt auch deshalb wurde 2013 Bulgarien als niederösterreichische „Donaunachbarschaft“ präsentiert. Dass es fast ausschließlich Künstlerinnen aus Bulgarien und Niederösterreich waren, akzentuierte den Ausstellungszyklus noch weiter. Mit Serbien wurde 2014 eine Donaunachbarschaft eingeladen, die sich im Aufnahmeprozess in die EU befindet; um die künstlerische Verflochtenheit mit Serbien zu zeigen, wurden, so wie bei Südtirol, vor allem KünstlerInnen eingeladen, die ebenfalls längere Zeit schon in Österreich leben und arbeiten beziehungsweise hier auch an den Kunsthochschulen, Kunstakademien und an der Universität für Angewandte Kunst studiert haben; dem gegenüber wurden niederösterreichische KünstlerInnen eingeladen, die lange Zeit erfolgreich außerhalb Niederösterreichs leben und arbeiten. Dass 2014 der alljährlich erscheinende Ausstellungskatalog erstmals im jungen, ambitionierten Stein-Verlag erschienen ist, sei en passant noch erwähnt.
Im Jubiläumsjahr ist es uns ein besonderes Anliegen, in verschränkender Weise die ersten zehn Jahre zu verbinden. Deshalb haben wir aus allen, bis jetzt präsentierten Staaten und Regionen jeweils eine/n KünstlerIn eingeladen, sich mit dem Phänomen Berg zu beschäftigen beziehungsweise Werke zur Verfügung zu stellen, mit denen sie bereits dieses Thema einmal aufgegriffen haben. Dies ist im Kontext des Ausstellungszyklus auch symbolisch zu verstehen: Europa als der gemeinsame Berg, den es immer wieder aufs Neue zu erkunden und zu „erklimmen“ gilt. Dass uns dies im Jubiläumsjahr eine besondere programmatische Verpflichtung ist, zeigt sich auch an den verschiedenen Begleitveranstaltung, insbesondere am Round Table zum Thema „Können Kultur und Kunst Europa (noch) verbinden?“, an der Literaturwanderung zum Thema „Berg“, an einer Auktion mit Ötscher-Bildern von prominenten Persönlichkeiten zugunsten eines sozialen Zwecks sowie an der 2014 begonnen Zusammenarbeit mit dem Bundesgymnasium im Stift Lilienfeld (zu diesen Veranstaltungen erscheint eine eigene Dokumentationspublikation).
Mit der vorliegenden Gesamtpublikation, die auf über 500 Seiten alle bisherigen über 100 KünstlerInnen mit rund 450 Werken präsentiert, wird das Dezennium abgeschlossen. 10 Jahre Kunstreise durch den Donauraum und Mitteleuropa sind auch 10 Jahre Abenteuer eines beeindruckenden Entdeckens, der Verstörung, der Freude, der Nachdenklichkeit, der gewonnen Freundschaften und verlorenen Illusionen, das oft schmerzhafte über Bord werfen von klischierten Vorstellungen und Erwartungen, aber auch der Berührtheit, oft auch Ungehaltenheit, wie politisch mit Europa umgegangen wird. Vor allem ist das Verlangen nach weitere Reisen und Entdeckungen durch eine faszinierende Kunstlandschaft Europas, die über die Jahre für einige Wochen im Stift Lilienfeld in Niederösterreich „Heimat“ gefunden hat und findet, stetig gewachsen. Rückblicke sind retrospektive Gegenwarten und erfolgen von einer aktuellen Gegenwart aus. Das was sich seit einigen Jahre und gerade 2015, dem Jubiläumsjahr mit 70 Jahre Kriegsende, 60 Jahre Staatsvertrag und 20 Jahre EU-Mitgliedschaft Österreichs in, um und mit Europa zuträgt, war vor zehn Jahren noch unvorstellbar.
Gerade deshalb ist es dringender denn je, Europa nicht in Abschottungsideologien zu treiben, sondern in Vielem überhaupt erst kennen zu lernen. Im Konzert zahlreicher anderer österreichischen Vermittlungsaktivitäten in Mitteleuropa und dem Donauraum geht es dem Ausstellungszyklus aber nicht bloß um eine Ost-West-Passage; eine unserer irritierenden Erfahrungen war, dass zwar alle Künstlerinnen oft hervorragend mit dem „Westen“ vernetzt sind, es jedoch innerhalb der Länder des Donauraums und Mitteleuropa keinen oder nur einen sehr spärlichen künstlerischen Austausch gibt; hier finden sich weitere europäische Herausforderungen im Feld des Kulturellen. Noch immer gibt es viele mentale Grenzen, die neuerdings mit Grenzzäunen und –mauern wieder weiter einzementiert werden. Es sind die KünstlerInnen, die immer wieder unorthodoxe, spannende, wichtige und aufschlussreiche Fragen und Antworten in die gesellschaftliche Diskussion einbringen könnten – ihnen mehr Aufmerksamkeit zu schenken würden viel positive Virulenz erzeugen!
Wir sollten das Moment der Kommunikation, der Verständigung, des Austausches nicht immer primär an die Kultur und Kunst delegieren. Dennoch ist nach wie vor gültig, was auch Botschafter Martin Eichtinger, ehemaliger Leiter der Kulturpolitischen Sektion im BMEIA 2012 sagte: „Europa braucht noch mehr kulturellen Austausch, weil Kultur und Kunst Europa eine Seele geben kann.“ Das benötigt jedoch Kontinuität – der Donauraum/Mitteleuropa-Zyklus demonstriert dies seit zehn Jahren im wunderbaren Dormitorium des Stiftes Lilienfeld inmitten einer einzigartigen niederösterreichisch-europäischen Region! Peter Fürst als Initiator vor Ort und die viel zu früh verstorbene Liese Prokop, am Beginn des Ausstellungszyklus Landeshauptmannstellvertreterin und verantwortlich für die Gegenwartskunst, waren 2003/04 die unermüdlichen Motoren für den Beginn (und Peter Fürst bis heute); in ihrem Sinne ein herzliches Danke an alle über die Jahre so treuen und interessierten Gäste und Freunde - allen ein zuversichtliches und amikales ad multos annos!weiterlesen
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