Fakten - Probleme - Hintergründe - Konsequenzen
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zur Schrift von Matthias W. M. Heister
Der Studentensturm auf die Grenzen 1950
Für ein föderales Europa
Fakten – Probleme – Hintergründe - Konsequenzen
Mit der Veröffentlichung „Der Studentensturm auf die Grenzen 1950“ liegt – mehr als 60 Jahre nach dem Europa-Ereignis an der französisch-deutschen Grenze bei Weißenburg / St. Germanshof – ein Werk vor, das nicht nur zeitgeschichtlich wertvoll, sondern auch als Orientierungshilfe bedeutend ist. Denn es enthält nicht nur eine Fülle von Informationen, welche es bisher nicht gab. Als Teilnehmer, Mitorganisator und Zeitzeuge der Grenzaktion von 300 Studenten am 6. August 1950 und weiterer Initiativen, vor allem auch der Demonstration von 5000 jungen Europäern im November 1950 vor dem Straßburger Europahaus, zu der mehr als 600 Studenten ostentativ ohne Pass und Visum die Grenze nach Frankreich überschritten hatten, gelingt es dem Autor
- den Studentensturm auf die Grenzen im August 1950 als Teil einer größeren Initiative auf dem frühen Weg nach Europa darzustellen,
- das starke Echo der Aktionen für die Nachwelt zu festzuhalten,
- dem Leser die geistigen und ideologischen Anstöße für ein gemeinsames Haus Europa nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zu vermitteln,
- den schwierigen Einsatz für Europa von 1945 bis heute in der gebotenen Kürze vor Augen zu führen und
- eine Vision herauszuarbeiten, wie in Zukunft ein föderal verfasstes Europa auf der Basis des Subsidiaritätsprinzips zu erreichen ist, das sich auch unter globalen Bedingungen behaupten kann.
Mit dieser Zielsetzung beschreibt der Verfasser zunächst - entsprechend dem Titel des Buches – den Studentensturm auf die französischen und deutschen Zollschranken zwischen Wissembourg und St. Germanshof. Vorbereitung und Durchführung werden ausführlich beschrieben und durch bisher teils unbekannte Fotos ergänzt. Auch dem nahezu weltweiten Presse-Echo wird Raum gegeben und so ein Bild der Aktion vermittelt, das es in dieser Vollständigkeit bisher nicht gibt.
Zeitgeschichtlich besonders wichtig ist die Originalwiedergabe der bei dem Ereignis an der französisch-deutschen Grenze verlesene und von den zahlreich anwesenden Journalisten der internationalen Presse verbreitete Erklärung ‚Europa ist Gegenwart!’. Dass die Visionen von 1950 (!) auf diese Weise der Nachwelt ins Gedächtnis gerufen werden, kann in Zeiten allgemeiner Europa-Müdigkeit nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Von der Entschlossenheit der jeweils 150 von französischer und deutscher Seite herangerückten jungen Menschen künden in diesem Werk nicht nur die zahleichen Fotos, von denen das geschickt kolorierte Bild mit dem zerstörten deutschen Schlagbaum auf der Titelseite des 370 Seiten umfassenden Buches den gebührenden Platz gefunden hat. Von dieser Entschlossenheit zeugt auch die am brennenden Scheiterhaufen abgegebene Erklärung, im gleichen Jahr erneut die Grenzen zu ignorieren, dann aber mit einer zehnmal größeren Zahl.
So ist in dem spannend geschriebenen und mit weiteren Originaldokumenten angereicherten Werk auch nachzulesen, wie die Ankündigung vom 6. August im November 1950 wahr gemacht wurde. Denn fast 5000 Studenten aus ganz Europa kamen am 24. November 1950 zur Demonstration vor dem Europahaus in Straßburg zusammen, in dem die Europäische Versammlung tagte und wozu mehr als 600 junge Europäer ostentativ ohne Pass und Visum den Zugang über die französische Grenze erzwungen hatten.
Nicht nur ausführliche Beschreibung der Aktionen ist Gegenstand dieser Ausarbeitung. Auch den Ursachen wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet, darunter vor allem die damals besonders einleuchtende Überzeugung, dass man ein geeintes Europa am besten durch die ohnehin international verflochtenen Universitäten und seine Studenten rreichen könne. Der mit dieser Zielsetzung agierenden ‚Union Fédéraliste Interuniversitaire’ UFI) und der von dort ausgehenden Initiative, durch ‚militante Aktionen’ auf Europa schnell und besonders wirksam Einfluss nehmen zu können, wird eingehend beleuchtet. Sogar die anschließenden Bestrebungen, um zu einer gemeinsamen Europäischen Jugendbewegung für Europa als föderales Gebilde zu kommen, werden detailliert beschrieben.
Was diese Ausarbeitung ebenfalls zu einer Besonderheit macht, ist die ausführliche Beschreibung der Nachwirkungen dieser Aktionen. Dazu gehören auch Hinweise auf den Studentensturm im Bildungsangebot der Schulen. Dass an der Demonstrationsstelle Wissembourg / St. Germanshof auch die Errichtung und feierliche Einweihung eines Denkmals und die immer wieder erfolgreiche Aufführung des Schauspiels ‚Eine Nacht im August’ mit der Grenzaktion als Thema gehören, ist schon etwas Besonderes und wird entsprechend ausführlih gewürdigt.
Um dem damaligen Geschehen einen gebührenden Platz im Prozess der europäischen Einigung einzuräumen, versucht der Verfasser in einem zweiten Teil, den tieferen Sinn der damaligen Grenzaktionen, nämlich den Prozess der Entwicklung eines föderalen Europas auf der Basis des Subsidiaritätsprinzips aufzuzeigen und diesen Prozess im Verhältnis zu den schließlich durchgesetzten realpolitischen Maßnahmen der Nationalstaaten verständlich zu machen.
Dazu werden von ihm nicht nur authentische Belege, wie z. B. der Morgenthau-Plan, als Beweis angeführt, wie stark Revanchegelüste nach 1945 einen fairen Einigungsprozess in Europa behinderten. Es wird ebenso überzeugend dargestellt, wie stark sich durch den sowjetischen Druck schließlich insbesondere die USA und Großbritannien veranlasst sahen, die nationalen Regierungen Europas einschließlich Westdeutschland für eine westeuropäische Allianz als Bollwerk gegen den Ostblock zu gewinnen.
Dass die anschließenden Bemühungen, diese Allianz der Nationalstaaten zu einem föderalen Europa weiter zu entwickeln, bis heute skeptisch gesehen werden, ist verständlich. Dies führt den Verfasser schließlich dazu, auf die aktuelle Lage einzugehen und die Probleme anzusprechen, welche bei dem Bemühen um ein föderales Europa auf subsidiärer Grundlage weiterhin bestehen. Dazu werden von ihm angesichts der Lage Europas in einer informell und lokal immer mobileren Welt vor allem Englisch als gemeinsame „Verständigungssprache“ und die Pflege eines „Europäischen Gedächtnisraums“ genannt, zu dem auch das noch erhaltene Zollhaus an der Grenze zwischen Wissembourg und St. Germanshof gehören und daher unter Denkmalschutz gestellt werden sollte.
Insgesamt kann das Bemühen, das Geschehen an der Grenze nicht nur detailliert zu dokumentieren, sondern es auch in die historischen Zusammenhänge erläuternd einzuordnen, durchaus als eine Leistung bezeichnet werden, die im Rahmen der historischen und aktuellen Europadiskussion besonders wertvoll ist. Dazu dienen nicht zuletzt die persönlichen Bekenntnisse des Verfassers zur Verdeutlichung der Lage nach Kriegsende, Originaldokumente seines Schriftwechsels mit Professor Mouskhély als Initiator der Aktionen und zahlreiche weitere bisher unbekannte Belegstellen. Als Beispiel für eine mutige Tat ist die Schrift schließlich eine gute Einführung in die gesamte Europaproblematik für die jungen Generation als Ermutigung und als Lehrmittel in den Oberstufen der Schule dienen kann.