Silke Stutz
Klimaschutz und internationaler Emissionshandel
392 Seiten. 2008. ISBN 978-3-938807-56-9.
Preis: 29,00 Euro
RHOMBOS-VERLAG, Berlin
Der Emissionshandel ist eines der Instrumente zur Umsetzung der Reduktionsziele im internationalen Klimaschutz. Hierbei setzt der Handel mit Emissionsrechten als marktpolitisches Instrument auf die wirtschaftliche Verträglichkeit, um ein Maximum an ökologischer Effektivität zu erreichen.
Wie der Emissionshandel zu einem Mittel im Kampf gegen den Klimawandel wurde, worin die Ideen wurzeln und was ihn zu einem erfolgversprechenden Mittel zur Umsetzung der Reduktionsziele macht, wird in der vorliegenden Arbeit dargestellt. Die Entwicklung des Klimaschutzes, von der ersten Weltklimakonferenz 1979 bis zum Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls 2005 gibt hierbei den völkerrechtlichen Rahmen vor.
Im Weiteren wird aufgezeigt, wie der Emissionshandel auf unterschiedlichen Handelsebenen in der Praxis funktioniert und wie er sich in das Welthandelsrecht einfügt. Hierbei wird insbesondere untersucht, wie das Emissionszertifikat selbst welthandelsrechtlich zu qualifizieren ist.
Zusammenfassung
Der Klimawandel ist seit der ersten Weltklimakonferenz im Jahre 1979 ein beständiges Thema der Weltgemeinschaft. Aber erst mit der Klimarahmenkonvention und dem 2005 in Kraft getretenen Kyoto-Protokoll konnte der entscheidende Durchbruch geschafft werden. Das Kyoto-Protokoll legt erstmals rechtsverbindlich die Verpflichtung der in Anhang B benannten Industriestaaten fest, im Zeitraum 2008 bis 2012 die Treibhausgasemissionen um 5% gegenüber dem jeweiligen Stand von 1990 zu reduzieren. Zur Umsetzung dieser Vorgaben wurde den verpflichteten Staaten u.a. den Emissionshandel zur Verfügung gestellt. Der Emissionshandel verfolgt dabei nicht den Zweck unmittelbar Treibhausgase zu reduzieren, sondern wirkt als marktwirtschaftliches Instrument mittelbar. Hierfür bekommen die verpflichteten Staaten im Volumen ihrer zulässigen Emissionen äquivalente Zertifikate zugeteilt, die die Länder untereinander handeln können. Bedarf ein Land zusätzlicher Emissionszertifikate, weil es mehr emittiert, so kann es diese von einem Land kaufen, dass weniger emittiert und somit Zertifikate übrig hat. Dies hängt insbesondere von den Reduktionskosten und dem Reduktionspotential eines Landes ab. Der Preis des Zertifikats wird zum Entscheidungskriterium, ob es günstiger ist eigene Reduktionsmaßnahmen zu ergreifen, oder Zertifikate zu kaufen. Die mit dem Marktmechanismus verbundene Kosteneffizienz macht den Emissionshandel somit zu einem der innovativsten Instrumente zur Durchsetzung (umwelt-)völkerrechtlicher Verträge.
Mit der Einführung des Emissionshandels stellt sich auch die Frage nach der Kompatibilität mit dem Welthandelsrecht. Die Beschränkung des Handels auf die in Anhang B des Kyoto-Protokolls benannten Staaten müsste sich ggf. an dem Meistbegünstigungsprinzip des GATT messen lassen, wenn das GATT auf den Handel Anwendung fände. Da das Emissionszertifikat im Ergebnis aber keine Ware ist, ist auch die Anwendbarkeit des GATT - als Abkommen über den internationalen Warenhandel – ausgeschlossen. Ebenfalls ausgeschlossen ist ein Konflikt mit dem GATS, da auch eine Dienstleistung durch das Zertifikat selbst nicht begründet wird. Neben den völkervertraglichen Regelungen wirft auch die Umsetzung des Handels auf nationaler Ebene wirtschafts-völkerrechtliche Fragen auf. Dabei bereitet der praktische Handel auf Staatenebene aus vorbenannten Gründen ebenfalls keine Probleme, da weder das GATT noch das GATS anwendbar ist. Die meisten Staaten haben jedoch den Handel auf ihre Unternehmen herunter gebrochen. Dieses Konzept spiegelt auch der seit 2005 praktizierte europäische Emissionshandel wider. Hier bedarf bereits der staatliche Zuteilungsakt der Emissionszertifikate an die nationalen Unternehmen einer nähren Untersuchung. Die überwiegend kostenlose Zuteilung begründet möglicherweise eine Subventionierung und damit einen Verstoß gegen das ÜSCM. Allerdings wäre die Anwendbarkeit des WTO-Rechts und damit auch des ÜSCM verschlossen, wenn mit der Zuteilung der Emissionszertifikate private Eigentumsrechte begründet würden. Die mit der Zuteilung verbundenen staatlichen Eingriffsbefugnisse widersprechen jedoch der freien Verfügungsbefugnis eines typischen privaten Eigentumsrechts. Es handelt sich bei den Emissionszertifikaten vielmehr um die Gewährung einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis zur Emission einer bestimmten Menge CO2. Womit auch die Anwendbarkeit des WTO-Rechts und damit auch des ÜSCM eröffnet ist. Es erscheint nicht abwegig, dass mit der Kostenlosigkeit der Zuteilung eine anfechtbare Subvention im Sinne des ÜSCM begründet wird. So profitieren diese Unternehmen im Vergleich zu Unternehmen anderer Länder, die für die Emissionsrechte zahlen müssen, von den geringeren Produktionskosten bzw. von der Werthaltigkeit des Emissionszertifikats und der damit verbunden Kapitalisierbarkeit. Es ist allerdings wenig wahrscheinlich, dass dies zu einer ernsthaften Schädigung oder auch nur einer entsprechenden Bedrohung des Interesses eines anderen WTO-Mitglieds führt. Der Preisunterschied kann kaum so erheblich sein, das der erforderliche Verdrängungseffekt einsetzen könnte.
Auch das GATS und dessen Anhang zur Finanzdienstleistung finden auf den Emissionshandel Anwendung, wenn bei dem Handel auf Unternehmensebene Finanzvermittler eingebunden werden. Die Zwischenschaltung von Börsen, Finanzmaklern u. ä. ist zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen und zur Schaffung der notwendigen Markttransparenz sogar geboten und im europäischen Emissionshandel fest installiert.
Die damit verbundene Dienstleistung begründet die Anwendbarkeit des spezifischen GATS-Anhangs zur Finanzdienstleistung. Das Emissionszertifikat als Objekt der Finanzdienstleistung entspricht hierbei am ehesten dem eines „begebbaren Wertpapiers“ iSd. Abs. 5 (x) (E). Denn betrachtet man sich das europäische Emissionszertifikat unter zu Grundlegung des deutschen Wertpapierbegriffs genauer, so vereint es eine Vielzahl typischer Eigenschaften, so dass man im Ergebnis von einem vertretbaren und damit zirkulationsfähigen Kapitalpapier im Sinne des Abs. 5 (x) (E) des GATS-Anhangs zur Finanzdienstleistung sprechen kann. Allerdings sind die sich daraus ergebenden Liberalisierungsverpflichtungen sehr begrenzt und erfassen nur die WTO-Mitglieder, die zugestimmt haben, diesen Bereich der Finanzdienstleistung auch unter die GATS-Disziplin zu stellen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die internationalen vertraglichen Regelungen zum Emissionshandel als auch der praktische Handel auf staatlicher Ebene kein Konfliktpotential mit dem Welthandelsrecht beinhaltet. Der europäische Handel auf unternehmerischer Ebene ist insofern handelrechtlich relevant, als dass die kostenlose Zuteilung zumindest die potentielle Möglichkeit einer anfechtbaren Subventionierung im Sinne des ÜSCM begründet. Die Zwischenschaltung von Finanzvermittlern führt zwar zur Anwendbarkeit des GATS-Anhang zu Finanzdienstleistung, ein Konflikt ist hier aber wenig wahrscheinlich. Praktisch muss allerdings darauf geachtet werden, dass die Menge an Emissionszertifikaten auf dem Markt begrenzt bleibt, um die ökonomische und ökologische Effektivität nicht zu gefährden. Letztlich wird die praktische Umsetzung und Handhabung dieses Instruments über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.
„Lassen Sie uns alles daransetzen, dass wir in der nächsten Generation, den Kindern von heute, eine Welt hinterlassen, die ihnen nicht nur den nötigen Lebensraum bietet, sondern auch die Umwelt, die das Leben erlaubt und lebenswert macht.“
(Richard von Weizäcker)weiterlesen