Komplettverkauf kommunalen Wohneigentums an internationale Investoren
Governanceanalytische Betrachtung der Folgen für Prozesse der Stadtentwicklung und des Wohnungsmarktes
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Kristin Klaudia Kaufmann
Komplettverkauf kommunalen Wohneigentums an internationale Investoren
Governanceanalytische Betrachtung der Folgen für Prozesse der Stadtentwicklung und des Wohnungsmarktes
Dezember 2014. Einband: Broschur. Zahlreiche Tabellen und Abbildungen. 456 Seiten. Format 168 x 240. ISBN 978-3-944101-62-0. Preis: 39,00 Euro
Genehmigte Dissertation der Fakultät VI Planen Bauen Umwelt der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Ingenieurwissenschaften (Dr. Ing.) Betreuer: Prof. Dr. Dietrich Henckel
Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 21.12.2012
Band 62 der Reihe "IÖR Schriften", herausgegeben vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. (IÖR) Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Bernhard Müller, Weberplatz 1, 01217 Dresden Tel.: (0351) 4679-0, Fax: (0351) 4679-212 eMail: info@ioer.de, Homepage: http://www.ioer.de
Zur Autorin
Dr.-Ing. Kristin Klaudia Kaufmann
1996-2002 Studium der Geographie an der Technischen Universität Dresden; 2002-2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Dresden; 2009-2012 Stipendium der Leibniz-Gemeinschaft; seit 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung in Dresden, 2013 Promotion zum Dr.-Ing. an der Technischen Universität Berlin.
Zum Buch
Spätestens seit Ende der 1990er Jahre erreichten Liberalisierungsbestrebungen und kommunale Entschuldungsüberlegungen auch die kommunale Wohnungswirtschaft. In diesem Zusammenhang erfolgten Verkäufe großer Wohnungsbestände und ganzer Wohnungsunternehmen. Der wertbeständige Mietwohnungsbestand auf der einen und die neuen, hauptsächlich finanzwirtschaftlich orientierten Erwerber großer Wohnungsportfolios auf der anderen Seite stehen hierbei in einem spannungsreichen Verhältnis.
Die Arbeit geht deshalb der Frage nach, wie sich nach dem Komplettverkauf kommunalen Wohneigentums unter den Bedingungen des Strukturwandels Handlungsansätze und Kommunikation sowie Strategien der Zusammenarbeit auf lokaler Ebene verändern. Zur Beantwortung der Forschungsfrage konzentriert sich die Arbeit auf Grundlage einer umfassenden theoretischen und sekundärstatistischen Analyse auf eine praxisorientierte Aufgabenstellung. Mit Hilfe eines vergleichenden Fallstudiendesigns in den Städten Kiel, Osnabrück und Wilhelmshaven wird der Einsatz kommunaler Instrumente, neuer öffentlicher Handlungserfordernisse und wohnungswirtschaftlicher Handlungsorientierungen nach dem Markteintritt ‚neuer Investoren‘ und deren Auswirkungen auf Prozesse der Stadtentwicklung, des Wohnungsmarktes sowie der Absicherung kommunaler Kernaufgaben untersucht. Im Rahmen eines heuristisch-deskriptiven Urban Governance Ansatzes werden aus gewonnenen Erkenntnissen Schlussfolgerungen für die Praxis sowie für den weiteren Forschungsbedarf abgeleitet.
Kurzfassung
Spätestens seit Ende der 1990er Jahre erreichten Liberalisierungsbestrebungen und kommunale Entschuldungsüberlegungen auch die kommunale Wohnungswirtschaft. In diesem Zusammenhang erfolgten durch kommunale Anteilseigner Verkäufe großer Wohnungsbestände und ganzer Wohnungsunternehmen.
Der stabile und wertbeständige Mietwohnungsbestand auf der einen sowie die neuen, international agierenden hauptsächlich finanzwirtschaftlich orientierten Investoren (‚neue Investoren“) als Erwerber großer Wohnungsportfolios auf der anderen Seite stehen hierbei in einem spannungsreichen Verhältnis. Dieses Spannungsverhältnis liegt insbesondere in der Besonderheit des Gutes Wohnung begründet. Während eine Amortisierung des Kapitaleinsatzes pro Wohneinheit im Mietsektor erst nach Jahrzehnten mit Hilfe von Mieteinnahmen möglich ist, sind „neue Investoren“ vor allem an einem hohen und schnellen Kapitalumschlag interessiert.
Der Verkauf kommunalen, teils mit hohem Modernisierungs- und Umbaubedarf versehenen Wohn- eigentums an internationale strategische und Finanzinvestoren eröffnet neue wohnungswirtschaftliche Chancen aufgrund veränderter Kapitalbeschaffungs-, Bewirtschaftungs- und Vermarktungs- methoden. Gleichzeitig birgt der Verkauf an „neue Investoren“ auch Risiken für Wohnungsmärkte sowie für lokale Erneuerungs- und Stadtentwicklungsprozesse. Diese Risiken resultieren aus einer geringeren kommunalen Einflussnahme auf die soziale Wohnraumversorgung und die Stadt- und Quartiersentwicklung.
So stehen Kommunen, welche kommunales Wohneigentum komplett veräußert haben, nicht nur einer wachsenden und in ihren Verwertungsinteressen zunehmend differenzierten Akteurvielfalt gegenüber. Gemeinden sind zudem zusätzlich durch Prozesse und Auswirkungen des Strukturwandels gefordert, integrierte Stadtentwicklungsprozesse zu initiieren. Ohne eigenes Wohneigentum und bei abnehmenden bzw. fehlenden Belegungsrechten sind sie bei der Wohnraumversorgung einkommensschwacher Haushalte ausschließlich auf die Hilfe Dritter angewiesen.
Neu entstehende und sich wandelnde Akteurbeziehungen auf lokalen Wohnungsmärkten sind bisher in der raumwissenschaftlichen Forschung nur in Ansätzen betrachtet worden. Mögliche Auswirkungen des Markteintritts „neuer Investoren“ auf Prozesse der Stadtentwicklung, des Wohnungsmarktes sowie auf lokale Kooperationsprozesse wurden bisher wenig untersucht.
Bis heute ungeklärt ist, ob
- der Markteintritt „neuer Investoren“ Auswirkungen auf strategische Handlungsorientierungen1 von Kommunen und wohnungswirtschaftliche Bestandshalter hat sowie
- zwischen neuen und „traditionellen“ wohnungswirtschaftlichen Wettbewerbern kollektive Handlungsorientierungen möglich sind.
Diese Forschungslücke soll mit der vorliegenden Arbeit geschlossen werden. Die zehn Kapitel umfassende Dissertation geht dabei der zentralen Frage nach, wie sich nach dem Komplettverkauf kommunalen Wohneigentums unter den Bedingungen des Strukturwandels Handlungsansätze und Kommunikation sowie Strategien der Zusammenarbeit zentraler Akteure des Wohnungsmarktes verändern. Untersuchungsschwerpunkte des empirischen Fallvergleichs sind die Handlungsbereiche der Stadtentwicklung und des Wohnungsmarktes im Zeitraum 1999 bis 2009.
Die Forschungsarbeit konzentriert sich auf Grundlage einer umfassenden theoretischen und sekundärstatistischen Analyse auf eine praxisorientierte Aufgabenstellung. Anhand der untersuchten Städ- te Kiel, Osnabrück und Wilhelmshaven werden nachstehende Ziele verfolgt und einem systematischen Vergleich unterzogen:
Analyse des Einsatzes kommunaler Instrumente, um stadtentwicklungs- und wohnungspolitische Zielsetzungen zu erreichen,
Darstellen neuer kommunaler Handlungserfordernisse, -ansätze und Verhandlungspositionen sowie wohnungswirtschaftlicher Handlungsorientierungen nach dem Markteintritt „neuer Investoren“,
Darstellen der Auswirkungen des Markteintritts „neuer Akteure“ auf Prozesse der Stadtentwick- lung, des Wohnungsmarktes und der Absicherung kommunaler Kernaufgaben.
Zentrale Erkenntnisse der Forschungsarbeit sind:
Die Auswirkungen des Strukturwandels prägten das strategische – kollektive wie kompetitive – Agieren kommunaler und wohnungswirtschaftlicher Akteure ungleich stärker als der Markteintritt neuer Akteure.
Mit Hilfe von Umsätzen aus der Veräußerung von Wohneigentum wurde keine nachhaltige kom- munale Entschuldung erreicht. Es erfolgten keine strukturellen Veränderungen der kommunalen Haushaltspolitik.
Mit dem Markteintritt „neuer Investoren“
• war keine unmittelbare, strategische Neuorientierung des kommunalen Agierens und des wohnungswirtschaftlichen Handelns langjähriger Marktakteure verbunden,
• waren lokal stark heterogene Handlungsorientierungen neuer wie „traditioneller“ Akteure der Wohnungswirtschaft sowie der Kommunen nachweisbar,
• wurden trotz verschiedener strategischer und kooperativer Ansätze kommunale Verhandlungs- positionen auf dem Wohnungsmarkt und in der Stadtentwicklung geschwächt,
• wurden prinzipiell Umsetzungsaspekte einer im kommunalen Interesse liegenden nachhaltigen Stadtentwicklung schwieriger,
• war ein Funktions- und weitgehender Kommunikations- und damit Verantwortungsverlust priva- ter Akteure für Prozesse der Stadtentwicklung und des Wohnungsmarktes verbunden,
• verloren kommunale Planungsinstrumente und Anreizsysteme auf Bestandsmärkten ihre Gestaltungskraft durch ein tendenziell geringes Interesse und eine tendenziell geringe Bereitschaft der „neuen Investoren“ zum investiven Engagement bzw. zur investiven Zusammenarbeit.weiterlesen
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